Las Perlas

Gut 30 Seemeilen südlich von Panama City liegen die „Las Perlas“, ein Archipel vulkanischen Ursprungs mit unzähligen kleinen Inseln, Riffen, Felsen die aus dem Wasser lugen, hellen und dunklen Sandstränden, gesäumt von Palmen und Regenwald.  Eine gute Woche hüpfen wir hier von einem Ankerplatz zum nächsten, meistens liegen wir völlig alleine, andere Boote sind hier Mangelware.  Wir hängen das Dinghi nicht mehr an die Stahlleine und die Luken bleiben in der Nacht offen, keine Überfälle in Sicht. Die Landschaft ist großartig, die Ankerplätze sind „scenic“, wie in unserem nautischen Panama-Handbuch sehr treffend beschrieben. Erinnerungen an die Ionischen Inseln in Griechenland kommen hier auf, kurze Segelstrecken, geschützte Buchten, ruhiges Wasser, und ein schöner Segelwind, der pünktlich am Nachmittag einsetzt und am Abend wieder einschläft. Anker auf, Segel setzen und von Kalamos nach Kioni zischen, Anker fallen, fertig. Nur dass es hier keinen Kalamos-George gibt und keine Flotillen in Kioni, keinen Hafen, keine Tavernen (naja, mit ein paar Ausnahmen) und – zu unserem Leidwesen – meistens trübes Wasser.

Das Meer ist in ständiger Bewegung, der große Golf von Panama ist seicht und die Gezeiten sind kräftig. Beinahe vier Meter kann der Unterschied zwischen Hoch- und Niederwasser ausmachen, da rauscht dann bei Flut ein Strom mit bis zu zwei Knoten nach Norden und bei Ebbe geht es wieder zurück nach Süden, hin und her, alle sechs Stunden. Da heißt es auch beim Ankern die Gezeiten im Auge behalten, will man nicht versehentlich trockenfallen.  Dieses Herumgewirbel sorgt für viele Schwebeteilchen im Wasser und die Sicht ist oft gleich Null, damit ist das Schwimmen für mich Geschichte, ich plantsche nur im Meer herum wenn ich den Grund sehe, Tadeja ist (oder vielmehr war) hier mutiger, aber seit in einer Bucht an zwei Tagen ein großes Krokodil ums Boot geschwommen ist, bleibt auch sie lieber am sicheren Schiff (und wenn sie schwimmen geht dann muss der Krok-Ausguck besetzt sein).  Die Fauna verwöhnt uns auch mit weniger gefährlichen Tieren, wir sehen Iguanas, Delphine, einen großen Wal, rund um uns fischen die Pelikane mit ihren spektakulären Sturzflügen und dem großen Platsch, wenn sie ins Wasser eintauchen (auch wir fangen einen schönen Fisch, der uns für zwei Tage ein köstliches Mahl beschert, aber ohne Sturzflug und Platsch), über uns fliegen Papageien und – wenn wir uns auf den Strand wagen – dann versuchen uns die Sandfliegen in Sekundenschnelle sämtliches Blut auszusaugen. Rekordhalter bei den Sandfliegen ist Tadejas Rücken, er hat bei einem einzigen Ausflug über 70 Stiche gesammelt. Sandfliegen sind teuflische kleine Tierchen, „No See Um“ heißen sie auch, weil sie so klein sind dass man sie so gut wie nicht sehen kann. Aber Spüren, das ist kein Problem, Spüren kann man sie mehrfach. Zuerst weil der Biss schon weh tut und dann haben diese Monster noch einen Juck-Nachbrenner, der manchmal erst zwei Tage später zündet. Mir vermiesen die „No See Ums“ jedenfalls die Strandspaziergänge.

Ins Wasser gehen wir also nicht, weil es erstens zu kalt ist (für mich Warmsegler zumindest, für Tadeja natürlich nicht, aber die geht ja auch im April in Vösendorf im Badesee schon schwimmen, kaum dass die ersten Eisläufer im Eis eingebrochen sind) und weil wir zweitens sonst vom Krokodil gefressen werden, die Traumstrände meide ich, weil dort die Vampire sind, also vertreiben wir uns die Zeit am Schiff mit Lesen, abends einen Film ansehen, Kochen und Reparieren. Diesmal ist der Wellengenerator dran (der soll nicht Wellen machen sondern Strom, und zwar wenn die Schraube und damit die Welle sich beim Segeln durch den Wasserwiderstand dreht, dann wird hier eine eigene Lichtmaschine über einen Keilriemen angetrieben, und die macht dann Strom). Das Ding sollte sich ab ca. drei Knoten schon einschalten lassen, tut es aber nicht und wird daher zur Strafe ausgebaut und zerlegt. Die Kontakte sind korrodiert und der Regler macht einen bemitleidenswerten Eindruck, das Kunstharz, mit dem die Elektronik vergossen ist, hat anscheinend beschlossen sich aufzulösen und in klebrigen Tropfen langsam in die Freiheit zu rinnen. Der Regler wird getauscht, die Kohlen dabei gleich mit ersetzt, wenn das Teil schon offen ist, und alles wieder eingebaut. Geschätzter Zeitbedarf: eine knappe Stunde. Tatsächlich: 5 Stunden. Das Bootsche Gesetz sagt ja auch ganz deutlich, dass eine kleine Reparatur am Boot frühestens zum Abendessen fertig wird, unabhängig davon, wann man damit beginnt.  Jetzt geht wieder alles, ich habe in den letzten Jahren schon einen Instinkt dafür entwickelt, wo die nächsten Probleme zu erwarten sind und die Ersatzteile dafür vorbereitet.

Jetzt bin ich doch beim Schreiben glatt schon wieder in den „was hab ich alles reparieren müssen“ Modus gekommen, Stop, Themenwechsel! Mateja, wir denken an Dich! Neue Liebesgeschichten gibt es zwar nicht, auch keinen Marinatratsch, aber zumindest vom Essen gibt’s was zu berichten, und vom Wetter…:

Kulinarisch geht es uns blendend, wir haben unsere Ernährung wieder auf Fisch umgestellt, selbst gefangen oder vom Fischer gekauft. In Kokosmilch eingelegte Fischfilets, mit Sesamkruste gebraten, das ist Tadejas neueste köstliche Kreation, schmeckt hervorragend, ist gesund und preiswert. Zwei Dollar kostet ein großer Fisch beim Fischer, bei dem wir nur von den Filets zwei große Mahlzeiten haben. Zwei Dollar kostet in dem kleinen Fischerdorf, in dem wir uns verproviantieren, so ziemlich alles. Eine Staude Bananen, Kochbanananen, ein großer Sack Zitronen,  Papayas, was auch immer so auf den Bäumen hier wächst. Alles zum Einheitspreis, ist einfacher zum Rechnen.

Das Klima hier im Pazifik ist für uns sehr angenehm, die Nächte sind kühl, die Luft ist trocken, kein Tropfen Regen ist bisher gefallen. Ein paar Meilen weiter nördlich, auf der anderen Seite vom Panama Kanal, in der Karibik, da ist es heiß und schwül, hier ist es wie in Griechenland im September, damit sind wir einverstanden. Es ist eine andere Welt hier, im einsamen Pazifik, ganz anders als die überlaufene Karibik, und auch damit sind wir einverstanden. Wir freuen uns, wenn wir einmal ein anderes Segelboot sehen, mit Ausnahme der „Ferieninsel Contadora“, wo viele Panamesen das Wochenende verbringen, sind die Lackners unter sich. Wenn das Wasser hier nur klar wäre und die Sandfliegen beschließen würden auszusterben, es wäre ein Paradies …

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