Die Shelter Bay Marina ist ein gemütlicher Flecken, hier auf der karibischen Seite des Panama Kanals verbringen einige Yachten die Hurrican-Saison, manche warten auf die Kanal-Passage und andere wieder sind gerade aus dem Pazifik angekommen. Ein nettes Restaurant mit guter Küche und günstigem Bier in der Happy Hour gibt es hier, einen wunderbaren krokodilfreien Swimming-Pool gleich daneben, einen kleinen Shop und den Versuch einer kleinen Chandlery. Die Marina liegt mitten im Dschungel, man hört die Brüllaffen und mit etwas Glück sieht man einen Alligator von der Uferböschung ins Meer hüpfen. Die Langfahrt-Segler-Gemeinde organisiert Aktivitäten wie gemeinsames Grillen, musizieren, abends zusammensitzen, es sind wieder einmal alle Nationen hier vertreten. Täglich fährt ein Marina Bus kostenfrei nach Colon ins Einkaufszentrum und zum Busbahnhof, den nehmen wir gleich einmal, weil wir in Panama einklarieren müssen. Alles geht einfach und kostenfrei, keinen Dollar müssen wir bei den Offiziellen lassen, wie so oft ist alles viel einfacher und auch billiger, als wir es in der Gerüchteküche auf seglerlateinisch gehört haben. Colon-Zentrum ist allerdings eine ziemlich heruntergekommene Gegend die man nur im Taxi bereisen darf, die Kriminalität ufert dermaßen aus, dass wir dringend angehalten werden keine Wege zu Fuß zu machen, das Gelände des großen Einkaufszentrums etwas außerhalb ist jedoch sicher und man kann hier alles gut und günstig kaufen..
Eine Woche haben wir Zeit, unsere KALI MERA für ihre Sommerpause vorzubereiten, alles wird serviciert, gereinigt, gepflegt, verstaut, Öle werden gewechselt, Filter getauscht, Segel verpackt, Bimini und Sprayhood bauen wir ab und dann verstauen wir alles unter Deck.
Das Wetter ist überaus stabil, man kann sich nämlich darauf verlassen, dass es in zwar unregelmäßigen Abständen, aber dafür sehr häufig gewittert und dass dabei Wassermassen vom Himmel fallen, die man sich in Österreich gar nicht vorstellen kann. Es gibt gar keine besseren Bedingungen, um endlich das Leck zu finden, bei dem immer Wasser in die Bug-Lockers gekommen ist, seit sieben Monaten suche ich schon und nun kann ich schon nach drei Tagen „alles dicht“ melden. Die Luftfeuchtigkeit hat sich bei subjektiven 128% eingependelt, tropische Hitze animiert nicht zum Arbeiten, nur in unserem Schiff, in dem die Klimaanlage tagsüber durchgehend läuft, ist es trocken und kühl, welch ein Segen doch diesmal dieses klobige Klima-Ding ist, das wir da mitschleppen und bisher erst einmal in Italien verwendet haben. Eine Zwei-Segler-Klassen-Gesellschaft entsteht bei diesen Bedingungen: Die Bevorzugten sitzen tagsüber im klimatisierten Schiff, alle Luken geschlossen und machen einen entspannten Eindruck, den anderen rinnt der Schweiß in Strömen herunter und auf Ihren Schiffen gehen – je nach aktueller Regensituation – die Luken ständig auf und zu.
Wir packen auch unsere Räder wieder aus, auch diese werden gereinigt und geschmiert, und bevor wir sie wieder verpacken, machen wir einen Radausflug in den Nationalpark zum alten Fort, einem Welt-Kultur-Erbe. Bunte Landkrabben, Affen, Schlangen, riesige blaue Schmetterlinge, Alligatoren, jede Menge Vögel und Moskitos können wir hier sehen. Besonders die Moskitos und die Sandfliegen sind gar nicht scheu und kommen näher als uns lieb ist.
Termingerecht erledigen wir alles und dann – wird alles erledigt, bevor… kommt die KALI MERA in das Sommerlager an Land. Beim Kranen läuft leider nicht alles nach Plan, als wir den Motor – schon in den Gurten hängend – mit Frischwasser spülen wollen, da explodiert mit einem großen Krach im Motorraum der Vetus Wasser-Sammler. Die Spezialisten haben die Gurte genau über den Auspuff gelegt und diesen völlig verschlossen, ich muss das Teil ausbauen und den Motor noch einige Zeit mit Auspuff-in-die-Bilge laufen lassen damit alles freigespült ist. Dann heißt es Motorraum putzen um die Sauerei wieder zu entfernen. Letztendlich ist nicht viel passiert, den Wassersammler muss ich im Dezember tauschen, aber mehr dürfte nicht kaputtgegangen sein. Ist eine gute Gelegenheit gleich auch den Auspuff-Schlauch zu ersetzen, Schlauch und Wassersammler waren mir eh schon etwas suspekt. Wir sind gespannt, ob die Versicherung der Marina das auch wirklich bezahlt, wir werden sehen.
Wir bauen noch den Luftentfeuchter ein, den wir gemietet haben und der dafür sorgen soll dassim Schiff trotz der extremen Umgebungsbedingungen der Schimmel keine Chance hat, und dann steigen wir ins Taxi nach Panama City – Städte (Stadt)-Urlaub vor dem Rückflug.
Nachdem wir Colon gesehen haben und auch sonst in der Karibik nicht unbedingt städte-bauliche Diamanten entdecken durften, fahren wir ohne besondere Erwartungen in die panamesische Hauptstadt – umso größer ist dann die Begeisterung, als wir durch dieses Juwel flanieren dürfen. Es ist eine hochmoderne Großstadt mit beeindruckenden Wolkenkratzern, eine stadt-planerische Meisterleistung ist auch das riesige Grün-und Erholungsareal an der Pazifik-Küste, die koloniale Altstadt ist wunderschön und wir können uns an der städtischen Schönheit gar nicht satt sehen. Wir fühlen uns wunderbar sicher in Panama City, der Großteil der Grünuniformierten jagt keine Verbrecher sondern Unkraut, wir sehen viel mehr Gärtner als Polizisten, welch ein Unterschied zu Colon (das übrigens jetzt sowieso „abgerissen“ und neu aufgebaut werde soll). Uns gefällt die entspannte Atmosphäre, die Synthese aus alt und modern, die lebenswerte Gestaltung. Panama City ist eine Stadt, in der wir uns für einige Zeit auch uns selbst vorstellen könnten.
Die Tage vergehen schnell, ein Highlight ist der tägliche Gang zum Mercado Pescadero, dort gibt es die besten Cevichevariationen
, die wir jemals essen durften, hervorragende Qualität und günstige Preise. Dass man aus rohem Fisch, Zwiebeln und Zitronen so was köstliches zusammenmixen kann, das wundert mich immer noch.
Fast einen ganzen Tag verbringen wir an den Miraflores-Schleusen und bewundern die technische Meisterleistung, die schon seit über 100 Jahren den Atlantik mit dem Pazifik verbindet. Wir besuchen den großen grünen Nationalpark mitten in der Stadt, sind weite Strecken zu Fuss unterwegs, fahren mit Bussen und der neuen U-Bahn und dann ist der Aufbruch zum Flughafen schon wieder da, es geht zurück nach Europa.
Panama lädt uns dazu ein, die bisherige Reise Revue passieren zu lassen und uns zu fragen, wie es weitergehen soll. Als es 2015 in der Türkei „Leinen los“ geheißen hat, da war es noch völlig offen, ob uns diese Form des Reisens auch das geben wird, was wir uns erhofft haben – nun sind wir vor dem Eingang zum Pazifik, ein Wendepunkt für viele Segler. Einmal durch den Kanal – dann muss die Welt wohl fertig umsegelt werden, hier ist der letzte einigermaßen einfache Rückkehr-Punkt nach Europa. Ist man erst einmal im Pazifik, dann geht es nicht mehr nach Osten. Nächstes Jahr wollen wir noch die San Blas Inseln in Panama besuchen, aber 2019, da wollen wir den Sprung in den Pazifik wagen, es zieht uns weiter, zu viel gibt es noch zu entdecken. Aber es sind nicht die ausgetretenen Routen, die uns nun immer mehr interessieren, die Reviere abseits der klassischen Barfußroute, die haben es uns zwischenzeitlich angetan. So wie Providencia unser Reise-Herz viel mehr berührt hat als die Destinationen mit den großen Namen, den Traumstränden und den vielen Hotels, so sind vielleicht auch im Pazifik unsere Traumdestinationen gar nicht die üblichen Hotspots – und wer weiß, vielleicht geht es auch für einige Zeit nach Norden, Richtung Kanada und Alaska, wir werden sehen. Jetzt sitzen auch wir einmal für einige Zeit auf dem Trockendock von Praxis und Büro, überholen unsere Reisekasse, genießen den europäischen Luxus und haben erst einmal Zeit zum Träumen und Planen …
Sobald die Kälte unsere Alpenrepublik wieder fest im Griff hat, Schnee und Eis, Glühwein und Christbäume überall um uns sein werden, da werden wir wieder das Salz auf den Strassen gegen das Salz im Wasser tauschen – spätestens dann melden wir uns hier wieder.
Ich freu mich schon auf euch. Lieben Gruß, H.
Wieder ein toller artikel- gutes ankommen daheim und auf wiedersehen in wien! Grete und poldi yin yang