Es wird Sommer in Mexiko. Die Sonne glüht vom Himmel, die Wassertemperatur steigt. Die Hitze legt sich träge und schwer über die Baja California und verliert langsam die Angst vor der Nacht. Für uns ist die Zeit gekommen hier Abschied zu nehmen. Noch ein paar letzte gesellige Tage in La Paz, dann nutzen wir das erste Wetterfenster für die Querung der Sea of Cortez, zurück zum Main-Land. Der Südwind hat bereits eingesetzt, wir haben eine angenehme und schnelle Überfahrt, knapp 50 „schräge“ Stunden sind wir „Am Wind“ unterwegs. Die Einfahrt in den Mazatlan Marina Disctrict wagen wir bei Niederwasser, laut Tidenkalender sind die Gezeiten schwach und wir wollen die Strömung und die Brandung vermeiden. Während ich die Einfahrtrinne suche und dann unter Vollgas durch-steuere hat Tadeja das Echolot im Auge und sagt laut die Tiefe an – bei der Ansage 1,8 Meter kommt ein Adrenalin Schub, immerhin haben wir knapp 2 Meter Tiefgang. Dennoch, nicht aufgesessen, gut durchgekommen, ein wenig Puffer haben wir anscheinend doch.
In der Nautica Costa Bonita stellen wir die KALI MERA an „unseren Liegeplatz“, hier darf sie die nächsten 6 Monate auf uns warten. Wie immer sind es arbeitsreiche Tage, alles will serviciert, geputzt, fachgerecht stillgelegt und hurrican-sicher verstaut werden. Diesmal bleibt unser Boot im Wasser und kommt nicht an Land, das macht es bequemer für uns. Wir schlagen die Segel nicht ab, sie werden gewaschen und dann völlig eingerollt, die Genua und die Schothörner von Besan und Groß erhalten vom Segelmacher eine Sunbrella Schutzabdeckung. Wir beauftragen einiges an Canvas-Arbeiten, die KALI MERA erhält eine Abdeckung fürs gesamte Deck, Schutz vor Regen und Sonne, alle zehn Winchen bekommen ein Sunbrella Häubchen, unser Dinghi ein schönes Cover und neue bunte Sunbrella Chaps. Was nach dem Einpacken von der KALI MERA noch an Kunststoffteilen der Sonne ausgesetzt ist, das wickle ich zum Schutz in Alu-Folie ein. Dann heißt es auch schon wieder Abschied nehmen, voller Vorfreude auf die anstehende Landreise durch Mexiko und auch schon auf die Heimat, aber auch traurig, dass wir nach sechs Monaten an Board unser schaukelndes Zuhause zurücklassen müssen, machen wir uns auf den Weg.
Unser Rückflug nach Wien startet in Mexiko City, und dorthin fliegen wir nicht sondern wir nehmen den Mietwagen, 1.300 km durch das Hochland von Mexiko, wir sind auf „Kolonialstadt-Tour“. Es geht nach Durango, Zacatecas, Guanajato und in das zauberhafte San Miguel de Allende, wunderschöne alte Städte mit kolonialem Flair, beindruckender Architektur, voller überschäumender Vitalität. Wir sind nur eine Nacht in jeder Stadt, viel zu kurz zum Kennenlernen, aber gerade ausreichend um einen ersten Eindruck zu gewinnen und uns fest vorzunehmen, wieder zu kommen, mit mehr Zeit im Gepäck. Besonders San Miguel hat es uns angetan, wir residieren wie die Könige in einem Prunkbau im Zentrum in der Fußgängerzone und genießen das komfortable Landleben. In Guanajato besuchen wir das schaurige „Mumien-Museum“, die berühmten Toten von Guanajato wurden schon bei Werner Herzogs Nosferatu berühmt, und beide kämpfen wir nach dem Besuch mit leichter Übelkeit. Einen Abstecher machen wir zu einer Maja Kultstätte im Hochland
, auf beinahe 3000 Meter Seehöhe, einer heiligen Stadt mit einer wunderbar erhaltenen großen Säulenhalle und den obligatorischen Pyramiden. Die letzte Etappe führt uns nach Mexiko City, dort retournieren wir den Mietwagen und schon geht’s wieder zurück nach Wien.Die diesjährige 3.500 Meilen Etappe gehört wohl zu den schönsten Abschnitten unserer bisherigen Reise um die Welt. Es war zwar die schwierigste Segelstrecke der letzten 13.000 Meilen, nicht alles ist immer glatt gelaufen, unsere KALI MERA war ein wenig zickig, unsere Reisepläne mussten wir völlig umkrempeln (und ich hab die ganzen Reiseführer von Hawaii und Alaska umsonst studiert), wir hatten neben Hochs auch ausreichend Tiefs und, so zwischendurch, – ich gestehe es – hätte ich am liebsten eine Annonce unter „Schiff zu verkaufen“ aufgegeben. Die Unannehmlichkeiten – sobald ausgestanden – sind aber schnell vergessen, und die schönen Erinnerungen bleiben. Es war spannend, bereichernd, vielseitig, ob die beeindruckende Pazifik-Küste Panamas, oder die Nationalparks von Costa Rica, oder das vielseitige Guatemala, oder schließlich das wunderbare Mexiko, diesmal konnten wir bei unseren Landgängen aus dem Vollen schöpfen. Traumhafte Natur, alte Kulturen und neue Kultur, beeindruckende Architektur und kulinarische Highlights. Technische Probleme, die mich so oft in den Motorraum verbannt haben, konnten wir letztendlich alle lösen, wir haben viel dazugelernt, und die KALI MERA ist wieder topfit, technisch und optisch 1A, sogar eingekleidet wurde sie neu.
Mexiko wird noch einige Zeit unsere Basis bleiben, die nächste lange Überfahrt in die Südsee ist erst nach unserem neuen Arbeitsaufenthalt in Österreich geplant – und der wird diesmal wieder etwas länger ausfallen, bis dahin gibt es halt Arbeit daheim und Winterurlaub am Schiff…