In Österreich wird es kalt und ich zische ab in die Karibik! Trinidad, Trinidad, Trinidad, das klingt schon so exotisch, so nach Sonne und weißen Stränden, Palmen, blauem Meer und Longdrinks an der Beach-Bar, serviert von schlanken schokoladebraunen Mädchen, überall freundliche Gesichter und alle in Urlaubsstimmung! Ja, genau so wird es sein! Aber dummerweise bin ich dann aufgewacht und der schöne Traum war vorbei, aber nun ganz der Reihe nach…
Ich habe einen zwei-wöchigen Arbeitsurlaub geplant, um die KALI MERA zum Einwassern und Ablegen fertig zu machen, Tadeja bleibt in Wien und studiert, wir müssen bis Ende November noch in Wien bleiben und wollen dann schnellstmöglich zurück zum Schiff und Richtung Norden aufbrechen.
Zuerst der Flug aus dem kühlen Wien nach Frankfurt, auch Conny und Harald von der FLORIMELL sind mit an Board, in Frankfurt steigen wir dann um Richtung Tobago und sehen in der Maschine dann Anett und Daniel von der ME und auch Britta und Jens von der LILLY. Die Seglergemeinde zieht zum Ende der Hurrican-Saison wieder zu ihren Schiffen. Leider dann Toilettenschaden in der Maschine, aussteigen, warten, umsteigen und schließlich und endlich mit einigen Stunden Verspätung in Tobago landen. Anschlussflug nach Trinidad natürlich versäumt und nach eingen weiteren Stunden um 01:30 Lokalzeit Weiterflug nach Port of Spain. Um 03:00 Lokalzeit komme ich wieder zur KALI MERA und mache mich darauf gefasst, dass Ameisen, Kakerlaken und was weiß ich was für Krabbel-Zeug unser Schiff in Besitz genommen haben, aber oh Freude, die Biester haben uns verschont, es ist alles sauber, trocken, schimmelfrei und in bestem Zustand.
Nach kurzem Schlaf geht es dann am nächsten Tag los, das Arbeitsprogramm ist enorm, der neue Wassermacher muss eingebaut, Antifouling erneuert, ein weiteres Solarpaneel montiert und diverse Verbesserungen gemacht werden. Und es ist heiß, unvorstellbar heiß, die Sonne glüht erbarmungslos vom Himmel und es hat 40 Grad im Schatten, tagelang hocke ich unter diesen unmenschlichen Bedingungen im Motor-Raum und baue Stück für Stück die ganzen Komponenten ein. Der Schweiß rinnt in solchen Strömen, dass ich fast nicht so viel Wasser trinken kann wie da durch die Poren wieder hinausschießt, ich bin kontinuierlich knapp am Kollaps. Aber die Arbeit geht gut von der Hand, mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden, die Meerwasser-Entsalzungsanlage mit einer Leistung von 150 Litern pro Stunde ist eingebaut als ob es der Herr Amel persönlich gemacht hätte. Auch das neue Antifouling sieht gut aus und die Solarleistung ist jetzt auf 320 Watt aufgestockt.
Das Werftgelände wird nur verlassen um zum „Budget-Marine“ zu radeln und Ersatzteile zu besorgen (unter anderem mein Geburtstagsgeschenk, einen nagelneuen super-tollen 9,8HP 2-stroke Tohatsu Außenboarder, mit dem das Dinghi fahren nun zum sportlichen Vergnügen werden wird, Hurra!), ansonsten wird hier gearbeitet, gearbeitet und wieder gearbeitet. Gottseidank ist das Werftgelände von Peakes ziemlich gepflegt und der Müll schwimmt nur im Meer und liegt nicht auch noch an Land herum, und ein High-Light ist auch die Zanzi-Bar, das Restaurant mit Meerblick, in dem es Bier vom Fass und auch ganz vorzügliches Essen gibt. Das Bier ist abends unglaublich wichtig um die herausgeschwitzten Elektrolyte wieder zu ersetzen, sozusagen eine medizinische Notwendigkeit zum Aufrechterhalten der zentralen Körperfunktionen, damit man die Tortur des nächsten Tages wieder überlebt. Gottseidank wird es nach einer Woche etwas kühler, es ist vielfach bewölkt und hin und wieder regnet es (nein, nicht regnet sondern es schüttet wie aus Kübeln, aber kaum ist das vorbei ist es schon wieder trocken), das Thermometer sinkt auf 35 Grad und der Regenwald rund um die Werft dampft wie ein türkisches Hamam.
Einige Schiffe waren schon früher bereit zum Einwassern und die BALOU und die LILLY sind schon nach Grenada abgereist, nur weg hier, das ist die Devise für alle, wieder auf einen Ankerplatz an dem man schwimmen kann und sauberes Wasser hat. Hier schwimmt ein Ölfilm auf dem Wasser, große Schiffe liegen in der weiträumigen Bucht auf Reede, ein riesiges maritimes Industrie-Gebiet, eine ökologische Scheußlichkeit. Aber es ist ein perfekter Platz um Reparaturen durchzuführen, Verbesserungen einzubauen und Servicetätigkeiten zu machen (vor allem wenn man es selbst machen kann und nicht auf Unterstützung der lokalen Professionisten angewiesen ist, die einen mit der karibischen Mentalität zur Verzweiflung bringen können (und auch tun) wenn man etwas gut und pünktlich gemacht haben möchte). Ich mache alles selber, brauch mich also nur bei mir selbst beschweren und bin insgesamt recht zufrieden mit mir, jetzt am Wochenende vor dem Rückflug gebe ich mir als Belohnung sogar einen halben Tag frei an dem ich nun ohne Arbeitsdruck am Werftgelände spazieren gehen kann J.
Abends beginnt das soziale Leben, ich werde auf der LILLY und der FLORIMELL zum Essen eingeladen, auf der ME gibt es kaltes Bier, der Daniel hat sich extra einen großen Kühlschrank gekauft damit er auf seinem riesigen Katamaran auf der „Terrasse“ immer gut eingekühlte Getränke vor sich hat, Mittwochs gibt es in einem netten Lokal eine Werft weiter Schwertfisch-Barbecue und am Samstag (nämlich heute) wird Haifisch serviert. Endlich wieder frischer Fisch in großen Portionen, das ist mir in den letzten Monaten schon abgegangen! Aber die Abende dauern nicht lange, alle sind von der Arbeit an den Schiffen erschöpft und gegen 21:00 sind fast alle „streichfähig“ und fallen in die Koje. Früh aufstehen heißt es sowieso, weil so um 06:00, zum Sonnenaufgang, ist es am kühlsten und es ist die beste Zeit für schweißtreibende Arbeiten.
Morgen abends geht mein Flug zurück nach Wien, dann haben wir noch drei ausgefüllte Wochen mit viel Arbeit daheim, ich muss ein Projekt fertigstellen, das ich kurzfristig angenommen habe, ein Seminar abhalten, unser Haus in Ungarn müssen wir winterfest machen und schließlich und endlich werden wir für eine weitere Saison die Zelte in Europa abbrechen.