Grenada und Trinidad

Von den Tobago Cays motoren wir nach Union Island, klarieren dort aus und segeln gleich weiter nach Carriacou, ohne darauf zu verzichten, zwei schöne Barrakudas zuerst ins Jenseits und gleich danach in die Tiefkühltruhe zu befördern. Der gute Rum aus Martinique lässt die bissigen Viecher sanft einschlafen und ruck-zuck sind sie nur noch Filets. Nach einem weiteren Segeltag mit viel Wind und viel Sonne kommen wir in Grenada an, sogar mit „zusätzlicher Crew“, ein schöner Barsch wollte nämlich mitfahren und hat sich in der Kühltruhe zu den Barrakudas gesellt.

Die Prickley Bay in Grenada erwartet uns mit Schwell, und Brigitte und Heinz, die aus Wien hier zu uns karibische Segelluft schnuppern kommen, werden gleich mit kräftigem Geschaukel begrüßt. Aber die beiden sind seefest und werden dann auch auf den Segelstrecken ganz und gar nicht seekrank. Es geht gemeinsam wieder nach Norden, zu den Palmenstränden und dem türkisen Wasser, wir fangen große Fische und grillen ganz alleine wie Robinson Crusoe auf Sandy Island am Strand (einen idyllischeren Platz zum Grillen kann man sich fast nicht vorstellen, zumindest bis nach Sonnenuntergang von überall her große Landkrebse kommen und einen Belagerungsring um uns ziehen, sehr zur Freude von Brigitte, die jegliches Getier dieser Art liebt 🙂 ). In den Tobago Cays und später nochmals auf Mayreau gibt es gegrillte Lobster am Strand (Lukullus wäre begeistert gewesen, wohl weil wir so verhungert aussehen, haben wir extra viele Krustentiere auf unserer Platte gefunden) und nach einer guten Woche schnorcheln, planschen und kochen sowie einer Unmenge an Sundownern (reichlich weisser Rum, brauner Rum, Saft von Ananas und anderen tropischen Früchten, Eiswürfel und eine Prise Musaktnuss, muss unmittelbar zum Sonnenuntergang getrunken werden, damit die Sonne am nächsten Tag wieder aufgeht, eine Art religiöses Zeremoniell) geht es wieder zurück nach Grenada. Hier sind nun Landausflüge angesagt und wir erkunden gemeinsam die Insel. Ein guter Tipp: beginnt man eine Inselrundfahrt mit einem Besuch in der Rum-Destillery, dann ist die gute Laune sichergestellt, man muss nur rechtzeitig, wenn die Wirkung nachlässt, wieder bei einer solchen Fabrik Rast machen. Zwischendurch bewundern wir die Gewürz-Plantagen, lassen uns in die Geheimnisse der Kakao-Herstellung einweihen, verkosten die süße bis bittere Köstlichkeit (während Brigitte, Tadeja und Heinz die nette Dame ablenken und Schokolade kaufen, kann ich in aller Ruhe die Verkostungs-Schüsselchen geldbörserl-freundlich von Ihrer dunklen Last befreien (ist die 60%ige besser als die 70%ige, oder die 80%ige, oder doch die 60%ige, oder vielleicht die 70%ige, oder…) – Hunger ade. Zwischen Gewürzlehrpfad und Exkursion in die Welt der traditionellen Rum-Herstellung besuchen wir noch Wasserfälle und bewundern die grandiose Landschaft. Am Fischmarkt erstehen wir Thunfisch-Filets und Mahi Mahi und ein letztes Mal wird an Board aufgekocht, dass sich die Tischplatten biegen, Heinzens Abschiedsvorstellung in der Küche (er erhält nämlich für die restlichen Tage Kombüsenverbot, weil er zum wiederholten Mal und diesmal übermäßig gegen das „Öl-Spritz-Verbot“ verstoßen hat) wird ein Finale Grandioso.

Die zwei Wochen zu viert bescheren uns auch allabendliches Tarock-Vergnügen, wir sitzen unter karibischem Sternenhimmel bis Mitternacht im Cockpit, und manchmal wird dabei sogar der Mond gefangen oder ein stiller Uhu geht durch, typisch österreichisches Kartenvergnügen halt.

Auch die FLORIMELL liegt in der Prickley Bay vor Anker, Conny und Harald planen auch die Überfahrt nach Trinidad, um dort das Schiff während der Hurrican-Saison an Land zu stellen. Wir brüten gemeinsam über dem Wetterbericht und entscheiden uns nach einigem Hin-und-Her, noch am gleichen Abend gemeinsam loszufahren; für die nächsten acht Tage soll der Wind eine starke Südkomponente haben und da können wir zwar irgendwohin segeln, aber sicher nicht nach Trinidad. Doch für die nächsten 24 Stunden scheint der Wettergott uns hold zu sein und die Windvorhersage ist fast ideal für uns (es dürfte wohl einer der niederen unbedeutenden Wettergötter gewesen sein, der da auf unserer Seite war und sein Chef war letztendlich völlig anderer Meinung). Ruck-Zuck machen wir uns fertig, die KALI MERA wird für die letzte Überfahrt dieser Saison vorbereitet, die Signalpistolen gegen die Piraten geladen und um 2100 brechen wir in die dunkle Nacht auf. Wir gehen Anker auf, und während wir uns drehen rauscht die FLORIMELL auf uns zu, beide stoppen mit aufheulenden Maschinen auf und wir werden um wenige Zentimeter nicht versenkt 🙂 .

Der Wind passt ganz genau, allerdings nur für 20 Minuten, dann bricht der erste Squall über uns herein und gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf das, was uns die nächsten 20 Stunden blühen wird. Es schüttet wie aus Kübeln und der Wind frischt auf Sturmstärke auf (die Risse in der Genua, die wir in Trinidad entdecken, sprechen eine deutliche Sprache) und wechselt ständig die Richtung, einreffen, ausreffen, einreffen, ausreffen … und an Schlaf ist nicht zu denken. Wir haben einen Kurs weit westlich abgesteckt und müssen daher hoch an den Wind gehen, um an dem „Piratengebiet“ mit ausreichendem Abstand vorbeizusegeln, auch wenn bei diesem Wetter sowieso kein einziger anständiger Pirat freiwillig seine Nase unter dem Südwester in den Sturm gestreckt hätte. Wir wollten mit der FLORIMELL während der Überfahrt aus Sicherheitsgründen in Funkkontakt bleiben, aber die FLORIMELL kann bei den Bedingungen nicht gut Höhe laufen und bleibt zurück, schon nach drei Stunden bricht die Verbindung ab. Nachdem wir das Schiff unserer Freunde am Radar verlieren und sie auch im Funk nicht mehr hören können, gehen wir hoch an den Wind, um den geplanten Wegpunkt mit ausreichendem Abstand zu den Ölplattformen noch erreichen zu können, mit unserem Einrumpfer segeln wir viel höher am Wind als ein Katamaran, und auch stark gerefft sind wir bei diesen Bedingungen deutlich schneller.

Da segeln wir um die halbe Welt und haben immer vernünftiges Wetter, und gerade die letzte Fahrt der Saison muss uns wieder Demut lehren. Aber die KALI MERA trotzt den Unbillen wacker und letztendlich kommen wir müde aber guter Dinge in Trinidad an. Einige Stunden nach uns läuft die FLORIMELL ein, wir sind erleichtert sie wohlbehalten zu sehen, sie kämpften im Starkwind mit technischen Problemen, aber auch diese konnten den alten Seebären Harald letztendlich nicht aufhalten.

Noch drei Tage liegen wir in der Bucht vor der Marina, dann bekommen wir schon unseren Kran-Slot und nach einem Jahr und 7.500 Seemeilen steht unser Schiff auf Stelzen in der Werft und wir sitzen wieder, wie vor einem Jahr in der Türkei, in unserem Baumhaus und wintern unser schwimmendes Zuhause für den Sommer ein. Knapp zwei Wochen heißt es nun Arbeiten, alles Servicieren und für das Weitersegeln im Herbst vorbereiten, und vor allem Schwitzen, Schwitzen, Schwitzen. Tagsüber ist es hier unglaublich heiß, von 1200 bis 1600 glüht die Sonne erbarmungslos alles nieder, aber die Nächte sind angenehm und fast kühl (und außerdem sehen wir in unserer Vorstellung ja schon wieder kühle Wälder und Gebirgs-Seen…).