Tobago Cays und die Unterwasserwelt

Wieder zurück auf den Tobago Cays – einer der schönsten Plätze der Welt, die wir bisher gesehen haben! Klettert man auf den höchsten Punkt einer der kleinen, niedrigen und unbewohnten Inseln, öffnet sich der Blick in die Weite auf fünf andere, kreisförmig angeordnete kleine niedrige Inseln, alle von weißem Korallensand gesäumt, in deren Mitte Palmen, Kakteen, giftige ‚Apfelbäume‘ und anderes karibisches Gewächs emporragen. Das Meer, das sie umgibt, ist von intensivster türkiser Farbe in allen Schattierungen, zuerst ganz hell, dann leuchtend wie Herberts Augen, und weiter in einzelnen Schichten zu immer dunkler werdendem Türkis. Das Wasser ist glasklar, der Meeresboden mit seinen Korallenriffs mit freiem Auge sichtbar, das Panorama atemberaubend schön – man könnte meinen, in einer unwirklichen Welt gelandet zu sein.

Was für ein Luxus, in dieser Traumwelt mit meinen Segelfreundinnen Yoga am Strand zu üben! Im leichten Schatten der Palmblätter, die sich im weichen Wind wie große Fächer bewegen, werden auch unsere vergessenen Körperteile wieder geschmeidig, bekommt die Seele ihr Kraftfutter und fällt unser Geist wie von selbst in Versenkung.

Die einzigen Dauerbewohner der Inseln sind die pflanzenfressenden Leguane, kleine Drachenwesen, die man überall Rascheln hört, wenn sie durchs Dickicht kriechen oder über die Buschkronen springen – ja, es ist unglaublich, aber genau das können sie! – oder senkrecht im Geäst hängen und, sobald man sie anblickt, reglos stehenbleiben und von der Umgebung kaum noch zu unterscheiden sind. Sie sind aber auch Menschen gewohnt und tummeln sich furchtlos zwischen deren Füssen, während sie nachmittags das Langustenfestessen für Gourmetfreunde vorbereiten. Denn abends wird es unter den Bäumen lebendig, dort sind große Grills und lange Bänke aufgestellt, und wenn man mag, kann man dort herrlich schlemmen aber auch den Geldbeutel erheblich erleichtern. Es gehört zum Service, in einfachen Booten, die hier die gleiche Funktion erfüllen wie unsere Autos, vom Schiff abgeholt und wieder hingebracht zu werden. Die Einheimischen selbst kehren damit noch in der Nacht auf ihre benachbarten Heimatinseln zurück.

Es gibt noch jemanden, der am Schmaus mitnascht – die Rochen! Mit ihren wunderschönen samtigbraunen weißgepunktelten Rücken – als hätten sie sich das Punktekleid von Pretty Woman ausgeliehen, kommen sie ins knöcheltiefe Wasser geschwommen, um die Langustenabfälle zu ergattern. Da steht man dann zusammen mit ihnen im Wasser und kann sie beobachten – und mag gar nicht mehr weggehen!

Genauso nimmt mich die Unterwasserwelt gefangen. Mit Schnorchel und Tauchermaske bewaffnet lasse ich mich ins Wasser unter die reiche Fischwelt gleiten. Die Korallenfische sind neugierig und kommen herangeschwommen, um die Eindringlinge zu begutachten. Sie präsentieren sich in allen Farben und Größen. Da gibt es welche – meine absoluten Favoriten – die kaum mehr als fünf Zentimeter lang, mit ihrem leuchtend gelben Körper und dem kecken tiefvioletten Streifen über dem Kopf aber kaum zu übersehen sind. Der Papageienfisch hingegen ist, wie der Name schon sagt, bunt wie ein mit Aquarellfarben bemalter Papagei und ganze vierzig Zentimeter groß. Man trifft längsgestreifte, quergestreifte, welche mit breiten und andere mit feinen Streifen, gepunktelte und gefleckte, rote, gelbe, blaue, graue, schwarz-weiße, braun-orange, runde, längliche und lange – das sind die Seenadeln – in Grüppchen oder vereinzelt. Manchmal schwimmt man durch ganze Schwärme zum Beispiel indigoblau schimmernder Blattfische. Von seiner sicheren Höhle aus verfolgt mich ein besonders schöner Franzosen-Kaiserfisch mit seinen riesigen breit umrandeten Augen – in seinem dicken bunten Gewand und großen weiß geschminkten Lippen sieht er aus wie ein Fantasiewesen.

Und wenn man von den Fischen genug hat, begibt man sich einfach ins Land der

Schildkröten. Ein eigener für sie abgegrenzter Bereich wurde für sie eingerichtet, dessen Boden zwar mit roten und gelben Seesternen übersät ist, doch von den Schildkröten meist ignoriert wird, denn sie sind überall anders anzutreffen als dort. Ihre riesigen Panzer sind manchmal so groß wie mein Leib, wenn er rund wäre, ihre Augen sanft, dunkel und groß, nichts scheint sie zu stören. Seelenruhig sitzen sie am Meeresboden und zupfen den ganzen lieben langen Tag am Seegras, heben sachte ab um am nächsten Büschel zu kosten, und schweben trotz ihrer Größe schwerelos an die Oberfläche, um Luft zu schnappen und sich ein bisschen umzusehen. Sie erlauben mir, neben, über und mit ihnen zu schwimmen und sich von ihrer Gemächlichkeit anstecken zu lassen. Was für faszinierende Tiere!

Die Abende verbringen wir auf irgendeinem der schwimmenden Zuhause in Gesellschaft von lieben Freunden, manchmal aber auch alleine, einfach in der Betrachtung der untergehenden Sonne versunken, deren Farbenspiel immer wieder aufs Neue fasziniert.

Und schon heißt es wieder Aufbruch, in Grenada wollen wir Heinz und Brigitte treffen, die den langen Flug über den großen Teich gewagt haben, um uns zu besuchen. Wir freuen uns schon sehr!

Saint Lucia und die Grenadinen

Es geht wieder in den Süden, in Sausefahrt rauschen wir von Martinique nach Saint Lucia, dort bleiben wir in der Rodney Bay einige Tage, bevor wir mit einem kurzen Übernachtungsstop in Sofriere an St. Vincent vorbei nach Bequia zischen. Wir haben meistens sieben bis acht Knoten auf der Logge, da halten wir die starke Gegenströmung von bis zu drei Knoten gut aus. Vor Saint Lucia sehen wir vor uns drei Wale, und gleich danach besucht uns eine Delphinschule mit geschätzt fünfzig Tieren, eine herzerwärmende Begegnung.

In der Rodney Bay ankern wir neben der WORLDDANCER, mit Heike und Herwig haben wir ein großartiges Abendessen im netten Restaurant am Fuße der alten Festung (Heike hat Geburtstag, Tadeja und ich feiern unseren ins Dengue gefallenen Hochzeitstag nach), tags darauf erwandern wir die Festung und genießen den fantastischen Ausblick. In Soufriere bewaffne ich mich mit dem Segelmacher-Werkzeug und flicke zwei Stellen an unserer Genua.

In Bequia haben wir geruhsame Tage, es sind weniger Schiffe hier als das letzte Mal, wir ankern im klaren türkisen Wasser und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Es sind schöne gemeinsame Tage hier mit der WORLDDANCER und der THAT’S LIVE, am Abend sitzen wir in der Coco Bar bei Livemusik, untertags wird gepaddelt (wir haben uns in Martinique – dem karibischen Konsum-Mekka – ein Kajak für zwei Personen geleistet), gebadet und den vielfältigen Boardpflichten nachgekommen. Ein Tag wird der Beschaffung und dem ordnungsgemäßen Verzehr von Fisch zweckgewidmet, wir gehen aber nicht angeln sondern machen mit dem Minibus einen Ausflug in die Fischermen-Bay, dort erstehen wir einen Neun-Pfund-Fisch-Prachtkerl, der vor unseren Augen fachgerecht zu Steaks verarbeitet wird. Fisch kaufen ist hier ein Vergnügen, direkt vom Fischer und kein so mit Gräten angefülltes Getier, bei dem man ständig mit der Zunge im Mund nach dem Fischknochen-Zeugs Ausschau halten muss, sondern richtige Steaks und Filets, mit Knochen in einer Größe, dass die Steaks auch von einem ungarischen Graurind stammen könnten. Fisch richtig zum Hineinbeißen, wie eine ganze Torte und nicht nur eine Praline!

Am Abend wird dann am Strand unter Palmen der Grill angeworfen, und garniert von gaumen-verwöhnenden Salaten und Heikes frisch gebackenem Ciabatta gibt es meisterlich zubereitete Fisch-Steaks (Thomas ist der ungekrönte Fischgrillkönig). Zum Sonnenuntergang gibt es Rumpunsch als Sundowner, später beim Lagerfeuer wird dann bei Wein noch Seemannsgarn gesponnen und wir sind alle überzeugt, dass es nicht schöner sein kann als in diesem Moment.

Das Thema Fischen wird nun wieder wichtig, Herwig hat noch keine ordentliche Angel, begleitet von den Fischerei-Großexperten Thomas und mir ersteht er in Bequia Equipment erster Güte, jetzt steht der Ärmste halt ordentlich unter Erfolgsdruck! Ich ergänze mein Köder- und Haken-Sortiment, in Bequia gibt es eine gute Auswahl. Bei St. Lucia hatten wir einen schönen Barrakuda am Haken, ca 60 cm war der Bursche lang, und er machte in Filetform in Olivenöl herausgebraten mit heurigen Erdäpfeln eine wunderbare Figur, es ist nun wieder Fisch-Saison.

Nachdem der Baguette- und sonstige Lebensmittel-Luxus der letzten Wochen nun vorbei ist, wird die Board-Bäckerei wieder in Betrieb genommen, und Selbstversorgung ist auf unserem Campingboot angesagt, aber der Vorratsschrank ist randvoll, und wir müssen noch keinen südkaribischen Einheits-Cheddar kaufen.

Kurz zusammengefasst: Freunde sind um uns, der Kühlschrank ist voll, die Sonne scheint, das Leben fließt einfach und vergnügt dahin, wir fühlen uns pudelwohl.

Martinique

Zum Übernachten vor der letzten Überfahrt wählen wir die malerische Bucht Sufriere auf St. Lucia. Der Blick auf die beiden ‚Pitons‘ (Bergkuppen vulkanischen Ursprungs) ist überwältigend. Wie zwei Zuckerhüte thronen sie über der Bucht. Die Boat-boys, die hier eine lässige Freundlichkeit an den Tag legen, ohne den Hang zum Betrügen ganz vertuschen zu können, sind irgendwie sympathisch und lassen mit sich reden. Geschäftstüchtig zischen sie hin und her quer über die Bucht, bis sie endlich eine Boje für uns ergattern. Außerdem besorgen sie für uns Trinkwasser, das uns völlig ausgegangen ist – doch leider ist es bei Lieferung doppelt so teuer als ausgemacht, sie hätten sich beim Preis ‚getäuscht‘! Als wir ihnen im Gegenzug nur eine einzige Flasche um diesen überteuerten Preis abnehmen wollen, sind wir ganz schnell wieder beim vereinbarten Preis und alle sind zufrieden. Bald darauf ist auch schon der unumgängliche Obstverkäufer mit seinem Boot da, ein grimmiger alter Bär – doch sein Obst ist wunderschön und ich kann ihm mit meiner erfolgreichen Verhandlungstaktik sogar ein herzhaftes Lachen entlocken: „You are a hard lady, hahaha!“

Die landschaftlichen Schönheiten von St. Lucia heben wir uns für den Rückweg auf.

Also auf nach Martinique. Der Insel eilt ihr Ruf voraus – europäisch, gepflegt, sicher, freundlich, hier soll alles erhältlich sein.

Wir kommen am späten Nachmittag an, klarieren ein, orientieren uns etwas und essen die Reste vom Vortag als Beilage zu unserem Mini-Thunfisch – der erste selbstgefangene Fisch nach langer Zeit.

Beim wohlverdienten Sundowner in einer französischen Bar breitet sich ein wohliges Gefühl in uns aus. Ja, es stimmt – es ist ein bisschen wie daheim. Wir entdecken wieder einmal, wie wenig es in Wirklichkeit braucht, um glücklich zu sein und sich reich und beschenkt zu fühlen – all der ‚Reichtum‘, der unseren Kontinent wie ein Schlaraffenland erscheinen lässt, in dem alles zu haben ist, was man sich nur wünscht, scheint für das Glück doch nicht ausreichend zu sein. Die Menschen hier in der Karibik müssen oft mit sehr wenig auskommen, Vieles können sich nur die Touristen leisten und man kann verstehen, dass die arme Bevölkerung, die auf manchen Inseln in der Überzahl ist, das als ungerecht empfindet – aber sie haben etwas, was ihnen vielleicht gar nicht bewusst ist, etwas, wonach wir uns sehnen – sie haben Zeit füreinander.

Trotzdem freuen wir uns über das von französischer Hand unterstützte und inzwischen ungewohnt reiche Angebot. Zu den Dingen, die wir schon lange nicht mehr hatten, gehören gutes Brot, eine reiche Käseauswahl (seit langem essen wir ausschließlich einen Cheddar-ähnlichen Käse, bei dem man – manchmal – zwischen den Farben Orange und Gelbe wählen konnte, jedoch ohne nennenswerten Geschmacksunterschied), Joghurt, Frischkäse, Avocados und eine breite Obst-und Gemüseauswahl. Denn unsere Vorstellung von einer Karibik, die von exotischem Obst und Gemüse überquillt, erweist sich oft als falsch – die Inseln müssen alles über teilweise lange Wasserwege anliefern, teilweise sind sie sehr trocken und können nur weniges anbauen, Monokulturen beherrschen die Landwirtschaft und das, was es gibt, ist oft drei- bis viermal so teuer wie zu Hause. Wieder einmal wird uns bewusst, wie gesegnet wir in Europa sind und wie selbstverständlich es geworden ist, dass alles einfach vorhanden ist, vom Wasser bis zu den feinsten Spezialitäten, vom Wohnkomfort, der Ausstattung mit allen möglichen Geräten und Gerätschaften, den Bildungsmöglichkeiten, den sozialen Einrichtungen bis zum Krankenhauswesen. Und wir sind es gewohnt, dass alles einwandfrei funktioniert.

Die Marina von Le Marin mit ihren Annehmlichkeiten wird uns die nächsten zwei Wochen als Liegeplatz dienen. Leider nicht ganz freiwillig. Sehr gelegen kommt sie uns, weil Herbert hier bequem alle möglichen Verbesserungsarbeiten am Schiff erledigen kann, die KALI MERA kommt wieder in absolute Topform. Nachdem zum Beispiel das völlige Entleeren unseres Wassertanks seltsames Wasser ans Tageslicht gebracht hat, tauscht er unseren uralten völlig verkalkten Boiler aus und reinigt den Tank. Am Fischer-Panda Generator funktioniert endlich die aufgerüstete lastabhängige Drehzahlregelung, daran bastelt Herbert schon seit Monaten. Kästchen für die Gewürze werden in der Küche montiert, Dichtungen werden gewechselt, ein großes zusätzliches Solarpanel installiert, Gasschlauch getauscht und mit den lokalen Amel Spezialisten werden die „engine-mounts“ erneuert, etwas, was Herbert schon lange im Magen liegt. Nun ist Magen und Geldbörse erleichtert.

Apropos Magen – unsere französischen Freunde Patricia und Philippe von der Super Maramu BELLA VITA haben uns ein kreolisches Strandrestaurant empfohlen, und wir machen uns mit dem Fahrrad auf die Suche. Acht heiße km bergauf und bergab bis nach Ste. Anne – aber es hat sich gelohnt! Patricias Empfehlungs-Briefchen hat Eliane, die Besitzerin, so berührt, dass sie uns auf eine große Kostprobe einlädt und nicht einmal für die Getränke Geld haben will! Insgesamt sind wir dann dreimal zu ihr geradelt, um uns das kreolische Geschmackserlebnis auch so richtig zu verdienen. Links und rechts von der Straße ist reinste belebte Natur, Krabben eilen in ihre Löcher, rattenähnliches Getier flitzt über die Straße, Vogelgesang begleitet uns.

Und dann kam der unfreiwillige Teil – ich schaffe es noch, ein paar Reise-, Zeit- und Einkaufspläne für die nächsten Tage zu erstellen, als mich ein Schwächeanfall und hohes Fieber außer Gefecht setzen. Nachdem es nach fünf Tagen immer noch nicht besser ist, besorgt mir Herbert eine Überweisung ins Krankenhaus von Fort de France, der Hauptstadt von Martinique. Also wenn schon krank, dann habe ich mir hierfür wenigstens den besten Ort in der Karibik ausgesucht! Daniel, ein Arzt von einem befreundeten Schiff, fährt uns mit seinem Mietauto hin – Rettungswagen kommen nur im äußersten Notfall zum Einsatz.

Das Personal, wenn ich das Glück hatte, beachtet zu werden und es außerdem zufällig englischsprechend war – man darf nicht vergessen, Martinique gehört zu Frankreich, und Fremdsprachen sind hier ein Fremdwort – war immer überaus freundlich und bemüht, doch im dehydrierten Zustand stundenlang zu warten war kein Honiglecken. Medizinische Versorgung wie in Frankreich? – Weit gefehlt! Erstaunt hat mich die notorische Unterversorgung des Krankenhauses –zum Zudecken gab es nur durchsichtiges Vlies, das nicht unbedingt wärmend war, Handtücher fehlten, Polster gab es in der ganzen Anlage nicht, auf einer Station waren keine Löffel vorhanden, den gesamten langen Gang entlang lagen Menschen auf Notbetten – aber eilig hatte es auch hier niemand.

Die medizinischen Untersuchungen hingegen waren sehr gründlich – ich wurde auf alles untersucht, was in Frage kam. Ein Ultraschall zeigte eine Leberentzündung – vielleicht die Folge einer hochdosierten Schmerztherapie, die mir die Ärztin verschrieben hat – für meine Homöopathie-verwöhnte Leber wohl zu viel. Mehrere Tage lang waren alle Ergebnisse negativ. Weiter nur Vermutungen und Ungewissheit. Da sich die Leberwerte bessern, werde ich nach fünf Tagen entlassen und eine Woche später wieder hinbestellt. Die Diagnose lautet: Dengue-Fieber! Na ja, jetzt war es ja bereits überstanden.

Während all dieser Tage haben uns so viele liebe Menschen mit Rat und Tat geholfen und Anteil genommen, und ich durfte hautnah erleben, wie sehr Segler füreinander da sind! Danke euch allen!

Jetzt kommen meine Insel-Erkundungspläne endlich zum Einsatz. Martinique will entdeckt werden! Wir verbinden das Notwendige (Abschlussgespräch im KH) mit dem Angenehmen – nachdem wir schon einmal in Fort de France waren, beginnen wir gleich dort. Die Stadt selbst löst keine Begeisterungsstürme in uns aus, außer der kleinen aber feinen Schoelcher-Bibliothek, die in Einzelteilen als Eiffel-Stahlkonstruktion von Frankreich nach Martinique gebracht und hier wieder aufgebaut wurde und der Kathedrale, die – eingehüllt in ein Gerüstkleid – gerade nicht zu besichtigen war, macht sie einen etwas verschlafenen und gekünstelten Eindruck auf uns – nicht ganz Karibik und auch nicht Europa. Trotz der bunten Häuserfronten würden sich viele Gebäude über etwas mehr Fürsorge freuen.

Ganz anders die Landschaft – die Ostküste Richtung Norden ist wunderbar gepflegt, die Straßen in gutem Zustand, gesäumt von Palmenalleen, riesigen Krotonbüschen in warmen Herbstfarben, weitläufigen Bananen- und Zuckerrohrplantagen und blühenden Oleandern. In Ste. Marie stoßen wir auf die alteingesessene Rumdestillerie Saint James mit dazugehörigem Museum und gratis Verkostung. Ich darf wegen meiner beleidigten Leber nicht mehr als die Zunge in das süße Gesöff stecken, und Herbert kann sich leider auch nicht betrinken, er muss ja Autofahren! Wirklich sehr schade – aber es reichte, um uns zu überzeugen – je älter der Rum, umso besser! Werner, du kannst dich freuen, wir bringen dir einen mit!

Weiter geht es durchs Landesinnere, an Vulkanen vorbei, durch heimatlich anmutende Almlandschaften, die diesem Teil von Martinique den Beinamen ‚die kleine Schweiz‘ eingebracht haben – wären da nicht die riesigen Gummibäume, lianenbehangenen Urwaldriesen und weiße Kuhherden, die sich in einer langen Reihe samt Kälbchen und Stieren den Berghang herunterschlängelten, könnte man es ja fast glauben. Eine weitere Attraktion ist St. Pierre, das verlorene Paris der Karibik, seit es beim letzten Vulkanausbruch 1902 völlig verschüttet und bis auf einen Gefangenen völlig ausgelöscht wurde. Heute ist es lediglich ein einfaches Fischerdorf mit einigen verbrannten Mauerresten, die an die Katastrophe erinnern. An einem Fischstand lassen wir uns von fröhlich ausgelassenen Fischern, die ihre Freude an uns haben, frische dicke Fischsteaks fürs Abendessen einpacken – etwas, was es zuhause nicht gibt – direkt vom Meer auf den Teller – ein reiner Genuss!

Beim Osterspaziergang durch das Dschungelwäldchen über der Küste von Ste. Anne beobachten wir viele bunte Krebse, grellrot, blitzblau, gelb oder sandfarben, die schnell in ihren Bodenlöchern verschwinden, sobald wir ihnen zu nahe kommen, steigen über knorrige rote Wurzeln von gewaltigen Gummibäumen, während sich über uns am Himmel dunkle Wolken zusammenbrauen und einen waschechten karibischen Regenguss erwarten lassen. Auch die Einheimischen feiern am Strand zwischen den Bäumen Ostern, sie haben riesige, vorsorglich mit Planen überdachte Zeltstädte aufgebaut, jeder mit eigenem Familiengrill und Generator für laute Musikuntermalung, wo wir uns netterweise unterstellen und den niederprasselnden Regen aus sicherem Unterschlupf beobachten können.

Die Abende verbringen wir mit Seglerfreunden, alten und immer wieder neu dazukommenden, und mitgebrachten Getränken an der selbst gebauten Paletten-Strandbar, mit Rumpunch in der Hand beobachten wir die Sonne, wie sie im Meer versinkt und warten gespannt, ob sie einen Green-flash zum Gruß hinterlässt. Der grüne Blitz ist immer ein besonderes Ereignis!

Bevor es wieder gegen Süden geht, verproviantieren wir uns noch ordentlich mit Essensvorräten und Wasser – mit dem Dinghy fahren wir auf den von Mangroven behangenen Meereskanälen direkt vor den Eingang vom Supermarkt, wo es zweimal randvoll beladen wird. Tief eingesunken wird im tuk-tuk-Tempo die Beute aufs Schiff verfrachtet und gut verstaut – die nächste Überfahrt zurück nach St. Lucia, die wir gemeinsam mit der WORLDDANCER starten, verspricht hohe Wellen, starken Wind und vier Stunden nicht wirklich gemütliches Segeln. Aber was macht das schon!?