Nach dem Karneval verlassen wir Tobago, am nachmittag gehen wir Anker auf und machen uns am Wind auf den Weg in die Grenadinen. Es wird eine turbulente Nacht mit viel Welle und hoher Geschwindigkeit, wie immer frischt der Wind bei Einbruch der Dunkelheit auf und wir haben einen neuen Geschwindigkeitsrekord. Knapp nach Mitternacht sehe ich am Radar ein Schiff, das sich uns von hinten nähert, auch wenn es nur noch zwei Meilen entfernt ist kann ich keine Positionslichter erkennen. Im Dezember hat es nicht weit von hier, im Umfeld der aufgelassenen Ölplattform Hibiscus, zwei Piratenattacken auf Segelyachten gegeben, ich werde also nervös. Das klar abgegrenzte Radarecho kommt weiter näher – ich schalte unsere Positionslichter aus, stelle das AIS auf „nur empfangen“ und ändere den Kurs um den Verfolger abzuschütteln. Diesmal ist mir unser schlechtes Radarecho richtig angenehm, ich hoffe dass wir unsichtbar sind, bei den hohen Wellen durchaus möglich. Aber zwanzig bange Minuten später ist alles wieder in Ordnung, das Radarecho kam nicht von einem Schiff sondern von einem Squall, ein räumlich eng abgegrenzter Starkregen der die Radarstrahlen wie ein Schiff reflektierte. Plötzlich sehe ich viele solcher „Schiffe“ und es schüttet kurz wie aus Kübeln, Petrus hat die Schleusen ganz weit aufgemacht. Viel Aufregung um nichts, ich werde aber an das amerikanische Verteidigungsministerium schreiben dass im „Kampf gegen den Terror“ aus unserer Sicht solche Squalls markiert werden müssten, zumindest müssten sie mit einem AIS Transponder ausgerüstet werden, und ich denke nun auch daran hier Schadensersatz zu fordern…
Wir kommen vier Stunden früher als geplant in Carriacou an, von der ZIGZAG keine Spur, aber wir schaffen dann doch eine Kontaktaufnahme, stöbern sie auf und vereinbaren ein Treffen am nachmittag in Union Island. Dort klarieren wir gemeinsam ein und zischen am nächsten Tag zu den Tobago Cays, das ist ein Archipel von fünf unbewohnten Inseln, ein riesiges Riff davor, ein Naturschutzgebiet und so ziemlich das, was wir Nordländer uns als das Paradies vorstellen, da brauchen nicht einmal fünfzig Jungfrauen darin herumschwimmen. Hier ist die Insel auf die Captain Jack Sparrows zweimal ausgesetzt wurde, hier ging sein Rumvorrat in Flammen auf und hier ist es so unvorstellbar schön, dass man sich keine karibische Steigerung mehr vorstellen kann. Aber so schnell ist der Gipfel des Wohlbefindens noch gar nicht erreicht, dies passiert nämlich erst am Abend, als wir uns am Strand bei „Free Willy“ Lobster vom Grill leisten, dort ist dann der Punkt erreicht wo man weiß, dass man nun in aller Ruhe auf das Ende warten kann weil das Leben einen Sinn hatte (natürlich nur wenn man vorher auch einen Baum gepflanzt und ein Kind gezeugt hat). Tagsüber gehen wir zum Riff schnorcheln, baden mitten im buntesten Salzwasseraquarium, schwimmen mit Schildkröten, sehen tausende Fische, spielen mit Conches und ziehen uns dann zu Kaffee mit Kuchen auf die KALI MERA zurück. Am Abend wird mit den Crews der ZIGZAG, TRAUMTÄNZER, SAILAWAY, THAT’S LIVE und SEPTEMBER BLUE am Strand gegrillt und unsere Mahi-Mahi Vorräte aus dem Atlantik werden langsam weniger.
Nach einigen Tagen im Paradies segeln wir weiter nach Norden und begleiten die ZIG ZAG noch ein wenig, dann trennen sich unsere Wege vorerst, Georg und Irene müssen weiter Richtung Panama. Wir dagegen graben den Anker tief in der Admirality Bay in Bequai ein und dort ist es wieder einmal so schön, dass wir nicht mehr so schnell wegkommen. Wir hatten im Vorfeld so viel Negatives über die Karibik gehört, dass wir nun völlig überrascht von diesem traumhaften Revier sind. Wir treffen alte alte Bekannte (siehe oben) und lernen neue alte Bekannte kennen, für soziales Leben ist ausreichend gesorgt, Tadeja macht mit den anderen Boardfrauen morgens Yoga am Strand und am Abend wird gemeinsam am Strand gegrillt oder im „Whaleboner“ der Sundowner genossen, wir erleben sogar den legendären „Green Flash“ beim Sonnenuntergang. Zur Weiterbildung schauen wir uns am Schiff die vier Folgen von „Fluch der Karibik“ an Board an und genießen das besondere Kribbeln, wenn wir dann um Mitternacht aufs Meer schauen, vor Anker auf den Original Schauplätzen, genau dort wo auch der Film spielt, „Joho, und eine Buddel voll Rum“…