Am Sonntag Abend laufen wir in Monemvasia ein und ankern vor der Marina. Das Wetter ist unbeständig, Gewitterwolken hängen über den Bergen. Wir waren hier das letzte Mal vor einen Vierteljahrhundert, mit Kindern und Campingbus, aber dennoch ist die bezaubernde alte Stadt, die sich an den gewaltigen Felsblock im Meer schmiegt, für uns neu. Steile verwinkelte Gassen, ein Blütenmeer, alte Häuser stilvoll renoviert und zu Hotels umgebaut, geschmackvolle Cafes und Restaurants, alles ganz klein und hübsch, sogar die Souvenierläden passen sich in das Stadtbild ein uns stören nicht. Mit viel Aufwand wurde die mittelalterliche Stadt wieder zum Leben erweckt, aber es fehlen die Menschen, die in einem normalen Sommer um diese Zeit die Stadt bevölkern. Es gibt fast keine Touristen, die „Griechenland-Krise“ hat hier deutlich spürbare Auswirkungen. Wir versuchen am Sonntag und am Montag bei einem der Bankomaten Geld abzuheben, angeblich soll dies für Ausländer problemlos möglich sein (unser Kellner: no problem, everything is here, money, diesel, everything), aber weder für Griechen noch für uns spucken die Maschinen etwas aus. Wir wollen tanken um uns für die Reise um die Peloponnes herum zu rüsten, aber die mobilen Boots-Tankstellen (kleine Diesel-Laster) haben keinen Treibstoff mehr. Eventuell morgen? No, no Diesel – wir wissen nicht ob es wirklich keinen mehr gibt oder ob sie uns nichts verkaufen wollen. An der Auto-Tankstelle ist am Sonntag der letzte Liter Super verkauft worden, niemand weiß wann neuer kommt. Diesel gibt es noch, also wird mit dem Reservekanister und dem Dinghi getankt, 105 Liter, damit haben wir 350 Liter im Tank und sind wieder unabhängig. Im Internet lesen wir, dass es in den größeren Städten Hamsterkäufe gibt, manche Supermärkte sind angeblich leer, davon ist hier nichts zu spüren.
Es ist schon ein sonderbares Gefühl, wir sind in einer Welt aufgewachsen in der es immer alles gegeben hat. Kein Diesel? Keine Benzin? Geschlossene Banken und kein Zugriff auf Bargeld, kein Zugriff aufs Konto? Undenkbar! Und plötzlich – ganz schnell – ist das hier Realität geworden. Es ist ein großer Unterschied wenn man sich das nur vorstellt („gibt es halt ein paar Tage kein Benzin oder kein Bargeld“) oder wenn man plötzlich direkt damit konfrontiert wird – es stimmt mich sehr nachdenklich, wenn man sieht, wie schnell die Normalität vorbei sein kann. Mit dem Tankstellen-Besitzer und seiner betagten Mutter plaudere ich und frage, ob er am Sonntag für oder gegen den Euro stimmen wird. „Yes! We will say Yes!“ ruft energisch die Mutter, „we want the Euro and we want Europe!“. Die alte energische Dame wird richtig aggressiv als sie vom “Verbrecher” und “Lügner” Tsipras spricht, das sei eine Katastrophe was hier mit dem Land passiere, es werde alles kaputt gemacht, und Touristen kämen auch keine mehr. Gestern Abend hat uns noch eine Bankomatbekanntschaft erklärt, dass es ohne den Euro viel besser werden wird. Bei den Menschen hier merkt man die Unsicherheit, niemand weiß wie es weitergeht.
Am Nachmittag brechen wir auf, wir passieren Kap Maleas, das gefürchtete griechische Kap der Stürme, unter Motor bei Schwachwind und ankern dann in einer ruhigen Bucht über türkisem Sand. Das Wetter ist immer noch ungriechisch, immer wieder wolkig/gewittrig und noch kühle Abende. In den nächsten Tagen wird es in der Ägäis starken Meltemi geben, aber das betrifft uns nicht mehr, das Ionische Meer liegt nun vor uns.